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Sat-News Nr. 164/97, vom 12.6.97
Berlin, den 12.06.97
Sat-News Nr. 164/97, vom 12.06.1997 (Autor: Norbert Schlammer)
Heute mal ein ganz anderes Thema, das vielleicht einige Leser nicht mogen, jedoch
hielt ich es doch fur erwahnenswert und habe mir die Muhe gemacht, per
Videoband, so zu sagen, den Inhalt zu stenographieren.
Ich glaube das ganze, mit Ausnahme des 2. Satzes der Rede von Prof. Dr. Stolte,
der leider nicht mit auf Band war, vom Inhalt her, wortlich wiedergegeben zu haben.
Jedoch bitte ich um Verstandnis dafur, das ich evtl. mal ein Komma an der falschen
Stelle setzte und ein Fremdwort (fur mich), falsch geschrieben zu haben. Aber es
kam mir auf den Inhalt an.
Finde es ganz einfach interessant, was die fuhrenden Vertreter der Offentlich-
Rechtlichen in Deutschland zur Zukunft ihrer Medien zu sagen hatten.
Ich gebe diese beiden Referate unkommentiert an dieser Stelle weiter, Jeder kann
sich daruber seine eigene Meinung bilden.
Neben Kabel und Terrestrisch, sind bekanntlich ARD und ZDF, uber den Satelliten
Astra zu empfangen. Auf den Empfangsfrequenzen, 10,964 GHz, h, ZDF, sowie
11,492 GHz, h, die ARD.
Die folgenden Referate, hielten Prof. Dr. Stolte, Intendant des ZDF, sowie Prof. Dr.
Udo Reiter, Intendant der ARD, auf dem Medienforum am 10.6.97 in Nordrhein-
Westfalen. Die beiden erwahnten Referate wurden vom Ereignis und
Dockumentatinskanal von ADR/ZDF, Phoenix, uber den Satelliten Astra auf 19,2
Grad Ost, auf 10,891 GHz, h, ausgestrahlt.
Prof. Dr. Stolte Intendant des ZDF auf dem Medienforum in Nordrhein-Westfalen am
10.6.97:
2. Der Eintritt in die Welt der Spartenkanale wurde ihnen mit dem Kinderkanal, und
mit Phoenix zwar gestattet, zugleich wurden sie aber auch hierauf ausdrucklich.
beschrankt.
3. Sie durfen im Rahmen der laufenden Multimediapilotprojekte der Lander
verschiedene neue Programmangebote testweise verbreiten, aber nur im Rahmen
dieser regionalen Testangebote und fur die Dauer dieser Projekte. D. h., ob diese
Projekte dann zu irgendeinem Zeitpunkt weitergefuhrt werden konnen und durfen, ist
Offen. Ansonsten haben sie sich auf ihre Hauptprogramme zu konzentrieren, was
ich ausdrucklich fur richtig halte, weil ich der Auffassung bin, das noch fur eine sehr
lange Zeit der kommende Wettbewerb nicht im Sektor der Spartenkanale
entschieden wird, sondern in dem der Vollprogramme. Und gerade deshalb mussen
diese Vollprogramme attraktiv bleiben und wir durfen nicht zulassen, das
programmliche Highlights - welcher Art auch immer (Sport, Filme) - vollends in das
geldfinanzierte Sparten TV abwandert. Das ZDF geht daher keine schwer
uberschaubaren finanziellen Riskiken ein, wenn sie bei Investitionen im Pay-TV-
Rechte, Decoderentwicklungen oder Kundenaquisition, unumganglich sind. Private
Veranstalter, wie z.B. DF1, mussen hier jahrlich mehrere 100 Millionen DM
investieren. Im Auge behalten werden mus die Entwicklung in Richtung Pay-TV
dennoch, weil heute Niemand ubersieht, ob und wenn ja, in welcher Weise das
kunftige Programmangebot die Fernsehnutzungsgewohnheiten der Zuschauer
verandern wird. Ich bin zwar nicht dieser Auffassung, aber sollte es dennoch
geschehen, dann mussen auch die heute frei ausgestrahlten Programme, offentlich-
rechtliche, wie kommerzielle, fur diesen Fall gewappnet sein. Das ZDF hat eine
Reihe von Masnahmen eingeleitet, die sowohl den zuvor erwahnten
Rahmenbedingungen entsprechen, als auch Vorsorge fur den zuletzt genannten Fall
treffen, das sich der Markt wider erwarten, ich betone wider erwarten, grundlegend
verandert.
Zunachst zur Technik. Im Rahmen des Reinvestionskonzept Sendezentrum, das das
ZDF im Jahr 1989 begonnen hat und das im Jahre 2003 beendet sein soll, wird
unsere gesamte Studio-und Sendetechnik von Analog auf Digital umgestellt sein. In
Munchen nutzt das ZDF ein virtuelles Studio zur Erprobung neuer Kreativformen. Ab
1. Juli wird dieses Studio von einer gemeinsam mit der Bavaria und der LFA
gegrundeten Gesellschaft, der Bavaria Film-und Fermsehstudio GmbH betrieben.
Die Technik eines virtuellen Studios stanzt mittels Computersimulation Objekte oder
Personen die Realtime konnen oder gleichfalls mit dem Computer kreiert werden, in
einen kunstlich arrangierten Raum hinein. Noch ist ein virtuelles Studio sehr teuer,
aber es wird in absehbarer Zeit auch unter Kostengesichtspunkten akzeptabel
werden und zukunftig teure Ausendrehs mit aufwendigen und gefahrlichen
Spezialeffekten, weitgehend uberflussig machen. Schon heute sind
Computersimulationen im Bereich attraktiver Spielfilm nicht mehr wegzudenken, ich
erinnere an die grosen Hollywooderfolge Juressics Gump oder Jurassics Park,
dessen Computergenerierte Saurier an Naturlichkeit nichts zu wunschen ubrig
lassen.
Der News Highway Aktuelles, ein ehemaliges Pilotprojekt und inzwischen
eingetragenes Warenzeichen des ZDF verbindet die Redakteure der Heute
Redaktion mit dem Archiv, veschiedenen Datenbanken, Videorecordern, sowie
unserem Sendeablaufsystem. Auf diese Weise konnen von einem zentralen
Arbeitsplatz aus, Informationen unterschiedlichster Art eingeholt, zusammengefuhrt,
gesichtet, bearbeitet, gespeichert und schlieslich per Textverarbeitung direkt auf
den Teleprompter ins Studio gebracht werden. Das ZDF arbeitet mit einer
Serverstruktur darauf hin, unterschiedliche Datenstrome zusammenzufuhren und sie
programmlich auszuwerten, wie dies z.B. bei der digitalen Ausstrahlung fur einen
zeitverlustfreien Abgleich des Videotextes mit dem Senderablauft notwendig ist.
Um sein digitales Programmangebot ab Herbst 97 direkt auf den digitalen Satelliten
Astra 1G abstrahlen zu konnen, errichtet das ZDF zur Zeit eine eigene Uplinkstation
auf dem Mainzer Lerchenberg, also auf dem Gelande des ZDF Sendezentrums, weil
damit der Umweg uber die Astrabetreibergesellschaft SES in Luxemburg vermieden
wird, wird sich diese Investition in absehbarer Zeit amortisieren.
Und schlieslich lauft das langfristige Projekt digitale Archivierung mit dem die Film-,
Ton-, Bild-und Textschatze unseres umfangreichen Archivs erschlossen und soweit
moglich, in einer grosen Masterdatenbank zusammengefuhrt werden sollen. Diese
Datenbank wird in Zukunft von allen Redaktionen und Reportern des ZDF abgerufen
werden konnen. Auch im Programm baut das ZDF seine Bruckenkopfe in die digitale
Welt behutsam aber dennoch stetig und konsequent aus. Bereits seit Anfang
1996 wird das ZDF Hauptprogramm digital ausgestrahlt, auch wenn es auf diesem
Ubertragungsweg wegen der fehlenden Decoderzahl nur von einer geringen im
Zweifelsfall uberschaubaren Zahl - an Zuschauern, wahrgenommen werden kann.
Seit den olympischen Spielen in Atlanta, wurde in Kooperation mit Microsoft mit
ZDF-Online, ein Computergestutzes Online-Angebot ins Leben gerufen, das von der
Presse als vorbildlich beurteilt wird. Es verfugt derzeit uber fast 5000 zum Teil
animierte Informationsseiten und verzeichnet mehr als 500.000 Seiten Aufrufe
monatlich und das mit steigender Tendenz. Im ZDF-Online konnen professionell
aufbereitete Inhalte, wie Hintergrunde zu juristischen Fragen, zu Gesundheit und
Fitness, zur Kultur und zum Sport oder zur Wirtschaft, individuell abgerufen und
vertieft werden. Auf diesem Wege wird eine Fulle an Informationen, fur die im
Programm keine ausreichenden Sendeflachen zur Verfugung stehen konnen,
sinnvoll verwertet. Nach dem Erfolg von ZDF-Online ist es daher nur konsequent,
das das ZDF zur internationlen Funkausstellung 1997, in Kooperation mit MSNBC
auch ein fortlaufend akualisiertes Online-Nachrichtenangebot starten wird. Das ZDF
wirbt mit einer zusammen mit seinen amerikanischen Partnern neu ins Leben
gerufenen 19-kopfigen Redaktion fur die gewohnte Zuverlassigkeit und Seriositat
dieses Nachrichtenangebots. Der neue Dienst wird u.a. nach individuellen Vorgaben
der Nutzer auf e-mail Basis eine taglich aktualisierte, voraussichtlich im 3-h Takt-
Zusammenstellung, weltweit ausgewahlter Nachrichten, anbieten. Aufs Ganze
gesehen, sind Online-Angebote fur das ZDF unverzichtbar. Wir erschliesen vor
allem einer jungeren Generation einen neuen Zugriff auf aktuelle Informationen und
dieses weltweit und ohne allzu anspruchsvolle technische Zugangsbedingungen.
Die ZDF-Infobox ist ein Ratgeber und Serviceangebot. Sie ist derzeit nicht als
eigenstandiges Programmangebot konzipiert, sondern soll im Rahmen der
Teilnahme an den Multimedia-Pilotprojekten der Lander, Erkenntnisse uber die
neuen Nutzungsgewohnheiten der Zuschauer gewinnen helfen. Diese Pilotprojekte
werden nach heutiger Erkenntnis in Berlin, Hamburg, Nordrhein-Westfalen,
Munchen, durchgefuhrt. Sie beinhalten 4 Sparten, Recht-und Wirtschaft, Umwelt und
Wissenschaft, Freizeit-und Verbraucher, sowie Fitness-und Gesundheit. Dieses
Angebot wird in einer Programmschleife rund um die Uhr gemacht und wird zunachst
wochentlich neu zusammengestellt. Schlieslich der elektronische Programmfuhrer
EPG, Electronic Programm Guide, versus digitaler Videotext, ist die komfortable und
erweiterte Version, des wegen seiner Aktualitat ebenso gelobten, wie wegen seiner
eingeschrankten Leistungsfahigkeit getadelten Videotextes. Kurz gesagt wird sich
der digitale Videotext mehr und mehr einem Online-Dienst angleichen der alle
relevanten Informationen uber alle Programme nun nicht mehr uber den Computer,
sondern uber den Fernseher an den Mann bringt. Vorausgesetzt, man macht in
einigen Jahren uberhaupt noch einen technischen Unterschied zwischen beiden
Geraten.
Der Abstand wird vermutlich in Zukunft ein Arbeitsabstand von 50cm bei der
Computerarbeit, bzw. 2,5 Meter beim Fernsehen sein, wahrend der bevorzugte
Bildausschnitt in der Grose frei eskalierbar sein wird. Dem sogenannten Navigator,
kommt bei der Nutzer-und Programmfuhrung bei den Angebotsstrausen der Zukunft
eine entscheidende Bedeutung zu. Er ist masgeblich fur die Plazierung und
Auffindbarkeit von Programmen, fur die Navigation zwischen ihnen und damit
grundlegend fur die Akzeptanz von Programmen uberhaupt. Der Navigator wird
jedoch nicht nur zielsicher zu den gewunschten Programmbouquets von ARD/ZD
und der der privaten Veranstalter hinfuhren, sondern ermoglicht innerhalb des
Bouquets auch die Suche nach einem bestimmten Programmgenre, wie
Nachrichten, Musikprogrammen oder Fernsehspielen. Gerade dieser Entwicklung,
die ARD und ZDF gemeinsam betrieben haben, kommt nach meinem Dafurhalten
eine grose Bedeutung zu, weil nur mit solch einer nutzerfreundlichen Technik, mal in
einem Zeitraum von spatestens 10 Jahren eine Ubersicht uber die Programme
ermoglicht wird und der Zuschauer die Moglichkeit erhalt, sicher durch diese
Programm-Bouquets zu finden und immer sich dort konkret einklinken zu konnen, wo
er sich informieren wollte, oder wo er sich unterhalten oder bilden wollte, sei es im
eigenen Programmbouquet, das ist naturlich die Absicht die dahinter steht, also die
Fuhrung auch durch das eigene Programm, aber selbstverstandlich wird auch der
Gesamtuberblick sichergestellt. Schlieslich meine Damen und Herren bundelt das
ZDF sein gesamtes eigenes Angebot, sowie das mit seinen Partnern veranstaltete
zu Beginn der IFA 97 in einem digitalen Bouquet mit der Dachmarke ZDF-
Programm, es beinhaltet das ZDF-Hauptprogramm, sowie die Partnerprogramme,
die mit der ARD, bzw. mit ORF und SRG produziert werden, also 3-sat, arte, den
Kinderkanal, das Ereignis-und Documentationkanal Phoenix und mit groser
Wahrscheinlichkeit ORF 2. Sie sehen, meine Damen und Herren, das ZDF nimmt
den bekannten Spruch ernst, der sagt, wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der
Zeit! Fortschritt und dies bedeutet standiger Wandel ist gerade in unserem
Fernsehalltag eine Frage des Uberlebens. Es bemuht sich aber ebenso darum,
darauf zu achten, das Bewahrtes nicht verloren geht und Bestandigkeit im Wandel
gewahrleistet, das die Idee eines indekrativen, gemeinwohl orientierten Rundfunks
auch unter veranderten Vorzeichen bewahrt bleibt. Das auch in einer veranderten
Rundfunklandschaft mit zusatzlichen Verteilwegen, anderen Angeboten und neuen
Rezeptionsgewohnheiten, alle Burger mit einem zuverlassigen, vielfaltigen und
zeitgerechten Angebot an Information, Unterhaltung, Bildung und Beratung, errreicht
werden konnen. Das hierfur die Hauptprogramme des offentlich-rechtlichen
Rundfunks von ARD und ZDF noch fur lange Zeit und ich glaube noch uber einen
Zeitraum von mehr als 10 Jahren hinaus, unentbehrlich bleiben, das ist meine feste
Uberzeugung. Schonen Danke.
Dr. Udo Reiter, Intendant der ARD
Gegenwartig werden die Perspektiven des digitalen Fernsehens und der
Digitalsierung der Medien im Allgemeinen, der Offentlichkeit nach meinem Eindruck
vorwiegend Positiv, wenn nicht Euphorisch, beschrieben. Die Stunde der Wahrheit
steht fur solche Visionen immer dann ins Haus, wenn sie sich dem Stadium der
Machbarkeit nahern, in unserem Fall also derzeit. Und das auch auf dem
Informationssektor nicht jeder Aufbruch zu neuen Ufern mit einer glucklichen
Landung enden mus, das zeigt ein Blick zuruck auf die grosen Messe Themen der
letzten Jahre. Oft folgte dem Aufbrauch schon bald der Schiffbruch. Die Nachrufe
waren dann leise gehalten. Sie handelten von geplatzten Traumen von
fehlinvestierten Millionen, von kalter Abweisung durch das Publikum. Angekundigt
war einmal das Vollinteraktive Fernsehen. Still haben sich seine Protagonisten
inzwischen aus der Entwicklung zuruckgezogen. Das geruhmte und gepriesene
Projekt in Orlando steht fur ein teures Debakel. Angekundigt war die CD-Interactiv
Unterhaltungsmedium fur die ganze Familie die Abspielgerate blieben Ladenhuter!
Ich habe hier noch eine langere Liste enttauschter Hoffnungen, die ich hier jetzt
nicht vortragen will. Wann immer man nach den Ursachen dieser Miserfolge fruherer
Informationsprojekte fragt, findet man als Grund fur das Scheitern meist den Mangel
an Medienadaquaten interessanten Inhalten. Es fehlten die Autoren, die Kunstler,
die Wissenschaftler, es fehlte an attraktiven Mitteilungen. Die gestaltende Kreativitat
beschrankte sich meist auf die Form. Auf den flotten Bildschirm, die coole
Funktionalitat, die Reibungslosigkeit des Ablaufs. Das Element der Kommunikation
wurde hingegen vernachlassigt. Auf dieses aber kommt es nach meinem Eindruck
letzten Endes an! Informationstechniken sind eben nur Gefase und zwar ohne
Nutzen, wenn sie leer bleiben. Diese Meslatte sollten wir daher auch an die
Entwicklungen legen, die gegenwartig den Anspruch erheben, das Zukunftsmedium
zu reprasentieren. Fernsehen digital verbreitet und die neuen Dienste des Internets
auf Hochgeschwindigkeitsnetzen reisend, wuchsen, so heist es, demnachst
zusammen, die Plattformen integrierten sich in ein Endgerat und dem Nutzer lage
dann das Universum weltweiter Information, Bildung und Unterhaltung zu Fusen.
Bald diene diese neue Plattform als Arbeitsplatz, bald als Bildtelefon, Spielkonsole,
Rechengerat oder als Kaufhaus. Jede dieser Funktionen gibt es heute bereits und
auch der Schritt zum integrierten Terminal erscheint in naher Zukunft realisierbar.
Die Frage stellt sich nur, wird das Ganze dann mehr sein, als die Summe seiner
schon bestehenden Einzelteile. Oder im Sinne der angesprochenen
Informationsvermittlung, wird die Integration der Dienste dem Nutzer dienlich sein,
Zusammenhange besser als bisher zu erkennen und die Orientierung im Meer der
Information nicht zu verlieren. Wird die gesellschaftliche Teilhabe des Einzelnen
tatsachlich gefordert, verbessern sich gar seine Lebenschancen. Der Technokrat
wird dies alles ohne Einschrankung bejahen, denn die Moglichkeiten sind in diesem
Projekt ja durchaus angenehm. Der Kommunikator, dessen Rolle ich hier einmal
ubernehmen mochte, wird aber doch noch weiter fragen, wie diese Optionen denn
im Kontext bestehender wirtschaftlicher und sozialer Bedingungen tatachlich genutzt
werden konnen. Lassen sie mich die funktionalen Elemente digitales Fernsehen und
neue Dienste, ganz kurz gesondert betrachten. Beim digitalen Fernsehen mag man
aus technokratischer Sicht sagen, es sei tatsachlich eine Revolution. Das Angebot
vervielfaltige und verbessere sich, der Zuschauer habe nun eine fast totale Auswahl,
er sei nun endgultig sein eigener Programmdirektor. Unter den inhaltlichen Aspekten
sieht es ganz anders aus. Wie werden denn all die neuen Programmgefase gefullt?
Wir kennen die Probleme ja bereits. Zum Einen ist ein unglaublicher Ansturm
ausgebrochen auf alles, was je auf Zelluloid gebannt worden ist und was bis weit
hinein ins nachste Jahrtausend hinein, an Spielfilmen und Unterhaltung noch
produziert werden wird. Mit der Folge, das die Preise ins astronomische gestiegen
sind. Auch die Rechte an popularen Sportarten sind nahezu unbezahlbar geworden.
Zugleich, sollte es auch zu mehr Eigenproduktionen kommen, doch weder die
Finanzmittel, noch die Kapazitat, noch talentiertes und ausgebildetes Personal
lassen sich uber Nacht aus dem Boden stampfen. Zum anderen fuhrt die
Vervielfachung von Kanalen, zwangslaufig auch dazu, das sich die Zuschauerschaft
starker unter ihnen aufteilt. Das heist, wahrend die Kosten steigen, sinken die
Quoten und mit ihnen die Werbeeinnahmen vor allem der kommerziellen
Veranstalter. Da also digitales Multiplexfernsehen auf der inhaltlichen Seite
betrachtliche Finanzierungsprobleme aufwirft, wollen - mussen - die Kommerziellen
Veranstalter ihre Signale verschlusseln und nur gegen gesondertes Entgeld dem
Zuschauern verfugbar machen. Darin liegt ein deutliches geschaftliches Risiko. 79
Prozent der Deutschen gaben kurzlich zu Protokoll, das sie 1. Keine weiteren
Fernsehprogramme fur erforderlich hielten lieber Bessere und das sie 2. in keinem
Fall bereit seien zusatzliche Abonnementgebuhren zu bezahlen. Der Fehlstart von
DF1 spiegelt diese Haltung korrekt wieder. Neben der Finanzierung ist die
Bedienerfreundlichkeit ein Punkt uber den man hier sprechen konnte, Es ist ja
bekannt, das viele Millionen Deutsche nicht einmal in der Lage sind ihren
Videorecorder zu bedienen, weil ihnen das zu kompliziert ist. Wieviel mehr Scheu
werden sie haben vor den Finessen der neuen Gerate und ihrer komplizierten
Software. Auch der Zeitfond der Konsumenten ist nicht Grenzenlos. Die Erfahrung
der letzten Jahre zeigen, das die Ausweitung des Programmangebots nicht
zwangslaufig zu einer Zunahme des Medienkonsums fuhrten. Alles in Allem, das
digitale Fernsehen wird sich nach meinem Eindruck, nur dort erfolgversprechend
durchsetzen, das zeigen auch die Erfahrungen in unseren Nachbarlandern, in
Frankreich, in England, daruber wurde ja schon berichtet, wo es dem Publikum
einen klaren Mehrwert gegenuber der augenblicklichen Situation verspricht. Dieser
ist dem Deutschen Zuschauer mit dem schlichten Konzept, nur mehr Programme
uber ihre Haupter zu schutten, wohl nicht zu vermitteln. Unbeliebt sind ubrigens
auch Spartenprogramme. Selbst solche, die an sich hochst populare Inhalte bieten.
Mit der durchdachten Gestaltung von Vollprogrammen konnen sie offenbar nicht mit
halten. Lieber wartet das Publikum auf die Tagesschau, oder auf Heute, als sich in
einem Nachrichtenkanal rund um die Uhr zu informieren. Fur den Sport gilt nichts
anderes.
Noch schwerer fallt es die neuen Dienste in diesem Zusammenhang zu beurteilen.
Der Einfachheit halber will ich hier das Internet als Parce pro toto, ansprechen.
Nirgendwo sonst sind die Erwartungen und Illussionen technokratischer gepragt,
was alles man mit den digitalen Optionen machen machen kann. Sie bedeuten den
Zugang zu nahezu unbegrenzten Informatinsmengen rund um die Uhr, sie eroffnen
Kontaktmoglicheiten, Foren, Gesprachsgruppen ohne Grenzen. Sie sind resistent
gegen Zensur und obrigkeitlichen Einflus. Ich denke trotzdem, man sollte auch um
dieses Netz der Netze, den Mythos nicht weiterspinnen, als ihm zukommt. Denn
gemessen an der komplexen Systemtechnik, nimmt sich das Gros der Inhalte,
furchterlich trivial aus. Der Nutzer auf der Suche nach bestimmten Informationen
wird haufig unfreiwillig zum Surfer, weil auch ausgeklugelte Suchmaschinen
hochstens einzelne Dokumente auffinden, aber kaum einmal Zusammenhange. Und
es wird gelogen im Internet, das sich die Balken biegen. Geradezu kulturtypisch
scheinen mir hier die Chats, in denen kaum ein Teilnehmer mit seinem wahren
Namen auftritt. Vermutlich wohl den Kontakt suchend, aber ihn selbst nur mit
Vorbehalt anbietend. Das Globalvillage ist in Wahrheit ein kalter, ein einsamer, ein
verlogener Ort. Gewis gibt es auch eine wachsende Zahl ernsthafter Nutzer, die sich
zu Arbeitsgemeinschaften zusammengeschlossen haben und die ihre professionelle
Kommunikation uber das Netz sicherstellen. Mit ihnen entstehen aber abgeschottete
Inseln, Systeme der Wissenspezialisierung in der Gesellschaft, welche die
Kommunikation zu ihrer Umgebung allmahlich einstellt. Diese Eindimensionalitat
eines insularen Daseins steht in scharfem Widerspruch zur technokratischen
Verheisung uberall im Netz das Wissen der Welt anzutreffen!
Ich komme zuruck zu meinem Ausgangspunk. Zu jenem integrierten Terminal der
Zukunft, in dem sich digitales Fernsehen, neue Medien, Telefon, Computer,
vereinen sollen. Man wird feststellen mussen, das die einzelnen Elemente dieser
Plattform in ihrer gegenwartigen Gestalt keine inhaltlichen Zusammenhange stiften
und auch kaum den Entwurf einer Informationsgesellschaft enthalten. Die
Kommunikation tendiert viel mehr dazu immer kleinere Gruppen uber filigrane Netze
zu erreichen, wodurch nach und nach das Band gemeinsamen Wissens
verschwindet. Vor diesem Hintergrund nun kurz angedeutet die Strategie der ARD.
Mit der Perspektive einer im freien Spiel der Krafte auseinander driftenden
Informationsgesellschaft wird die Mission des offentlichen-rechtlichen Rundfunks in
der digitalen Welt erkennbar. Ihm obliegt der Versuch mit seinem Programm alle
Gruppen in die neue Informationsgesellschaft zu integrieren. Im Meer
inkonsestenten Wissens, Orientierungpunkte zu setzen und Qualitatsmasstabe hoch
zu halten, sowie Strukturen zu schaffen, in denen die filigranen
Kommunikationsstrange aller Netze gebundelt auf die Buhne der demokratischen
Meinungsbildung gelangen konnen. Wir wollen uns dieser Aufgabe stellen. Wir
beteiligen uns an der Entwicklung der neuen Medien. Sei es das digitale Fernsehen,
digitaler Horfunk, Videotext, oder Internet. Mit dem Motto Vernetzen, statt
Versparten will die ARD bewust auf den integrierenden Ansatz hinweisen.
Wahrend verspartete Angebote keinen Kontext kennen, dient die Vernetzung der
Herstellung von Bezugen und Zusammenhangen, die Orientierung schaffen und
auch Widerspruche offen zu Tage treten lassen. Vernetzen bedeutet ferner, das
Angebot an geschlossenen Nutzergruppen sich einem breiteren Dialog zu offnen.
Was heist das im Einzelnen? Um mit dem digitalen Fernsehen zu beginnen. Die
ARD wird wie das ZDF zur internationalen Funkausstellung in Berlin den digitalen
Probebetrieb aufnehmen, die Programme werden alle simulcast, also parallel zur
analogen Verbreitung, digital ausgestrahlt. Dazu kommt ein zusatzliches
Programmbouquet. Sowie eine neue Funktionalitat, der elektronische
Programmfuhrer, mit einem Lesezeichen. Dieser elektronische Programmfuhrer will
dem Zuschauer helfen, in jedem Genre seine Programme zu finden. Das
Lesezeichen verkorpert Querverweise, mit denen der Nutzer seine personlichen
Interessen wahrend einer laufenden Sendung markieren und abspeichern kann.
Vergleichbar der Bookmarkfunktion des Internet, dient es als Filter zur Generierung
eines personlichen Programms aus dem grosen Angebot des ARD-Bouquet. Um ein
kleines Beispiel zu nennen. Die Tagesschau berichtet vom Umsturz im Kongo, der
Zuschauer interessiert sich fur mehr Hintergrund zu diesem Thema. Sobald er das
Lesezeichen gesetzt hat, wird ihm in Zukunft jeder weitere Beitrag zum Thema
Kongo-Zaire, besonders kenntlich gemacht sein personlicher Kanal entsteht. Um
stets mit Hintergrundbeitragen, kontrastierenden Programmfarben dienen zu
konnen, bieten wir dieses kleine Bouquet an, das aus den 3 Bestandteilen Multiplex,
Extra und Festival besteht. Ich brauche das im Einzelnen nicht weiter erortern, Herr
Hoff hat das ja vorher schon erklart. In weiteren Schritten, an deren technischer
Umsetzung wir bereits arbeiten, erfolgt dann die Vernetzung mit allen medialen
Erzeugnissen der ARD. Wodurch sich auch vertikal die Chance bietet, Fernsehen,
Horfunk und neue Dienste, zu einem sinnvollen Ganzen zu bundeln. Bereits heute
dient unser umfangreiches Internetangebot dem fruchtbaren Zusammenspiel von
massenmedialen Fernsehdarbietungen und individueller Nutzung. Der stete
wechselseitige Bezug ist gezielt darauf angelegt die Konsistenz von Informationen in
professioneller Weise zu gewahrleisten. Erste Video-on-Demand Anwendungen, wie
die Tagesschau des Ersten, oder beispielsweise die Rundschau des Bayerischen
Rundfunks, werden in Zukunft auch von der Gemeinsamen oben beschriebenen
Plattform aus abgerufen werden konnen. Desweiteren entwickln wir neue
Sendeformen, welche die Internetkommunikation aufgreifen und auf eine
massenmediale Buhne heben sollen. So erhalten auch die Inhalte des Netzes die
Chance groserer offentlicher Relevanz. Unsere Bildungsprogramme beispielsweise
streben Schnittstellen an, zu den Business-TV Entwicklungen groser Firmen, um mit
Beitragen fur Alle eine gemeinsame Basis von Wissen zu schaffen, das am
Arbeitsmarkt tatsachlich gefragt wird. Die technischen Voraussetzungen fur dieses
Projekt werden gegenwartig mit dem Bau des Uplinkstationen, sowie des Play-Out-
Centers in Potsdam geschaffen. Die Ausstrahlung erfolgt uber 2 bereits angemietete
Astratransponder, wobei wir hier sehr eng mit dem ZDF zusammenarbeiten. Fur alle
diese Neuigkeiten gilt, das sie ohne zusatzliches Entgeld und unverschlusselt, all
denen zur Verfugung stehen werde, die uber ein entsprechendes Empfangsgerat,
die Set-Top-Box, verfugen. Ein zusatzliches, inhaltsbezogenes Entgeld, das vom
Endverbraucher zu entrichten ware, ist fur uns nicht vorstellbar. Die Strategie der
ARD hat, das will ich zum Schlus noch anmerken, bei unseren europaischen
Schwesteranstalten groses Interesse gefunden. Die Vernetzung, das Lesezeichen,
der elektronische Programmfuhrer, all dies sind Themen, denen sich nun auch die
europaische Rundfunkunion widmet. So konnte am Ende ein groses europaisches
Projekt entstehen, in dem die offentlich-rechtlichen Anstalten ihren Teil der
Verantwortung fur die soziale und funktionale Ausformung der kunftigen
Informationsgesellschaft ubernehmen. Erste Schritte haben wir dafur getan.
Ich Danke ihnen.
Ich Danke ebenfalls den Lesern dieses Dienstes fur die Aufmerksamkeit und
verbleibe wie immer mit best Sat-DX und freundlichen Grusen Norbert Schlammer.
Zum Abschlus nochmals der Denkanstos, das am morgigen Abend, um 20 Uhr,
wieder Drdish@tv, auf Kopernikus 28,5 E, 11,549 GHz, v, zu sehen ist.
Ubrigens sind mir nun doch noch paar Uberspiele am Abend uber den Weg
gelaufen.
Kop. 28,5 E:
Am Abend Zuspiele fur die ARD-Sendung um den Euro.
Auf 12,591 GHz, v, ARD Zuspiele aus Maastricht.
Auf 12,727 GHz, v, Zuspiele ARD Paris.
Auf 11,594 GHz, v, Zuspiele fur diese Sendung, u.a. mit dem Chef der Deutschen
Bundesbank aus Frankfurt.
Auf 11,549 GHz, v, NDR R2, Waren fur die ARD-Euro Sendung.
Eut. 25,5 E:
Auf 11,172 GHz, h, um 20 Uhr, Hunderennen aus England.
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